Wachstum clever finanzieren

    Factoring ist in vielen Bereichen möglich. Gerade KMU können mit dieser flexiblen Finanzierungsform ihre Liquidität verbessern. Zudem bietet sie eine grosse Bandbreite an individuellem Gestaltungsspielraum.

    (Bild: pixabay) Factoring – eine beliebte Finanzierungsform bei KMU: Dank Vorfinanzierung ist jede Rechnung sofort bezahlt.

    Im Jahr 2020 wurden Rechnungen im Wert von 519 Mio. Franken über Factoring abgewickelt. Die Factoringumsätze spiegeln den Konjunkturverlauf der Schweizer Wirtschaft wieder. Der Schweizerische Factoringverband SFAV geht daher von erhöhten Umsätzen im letzten Jahr aus. «Mit Factoring können Umsätze erzielt werden, die sich sonst vielleicht nicht realisieren liessen. Da KMU an keine starre Kreditlimite gebunden sind, lässt sich Wachstum problemlos finanzieren», erklärt Daniel Trochsler, Präsent des Schweizerischen Factoringverbandes. Und er doppelt nach: «Factoring wächst mit dem Umsatz mit. Und überdies lassen sich Verluste vermeiden, da das Unternehmen dank Bonitätsprüfung und Debitoren-Ausfallversicherung vor Verlusten geschützt ist.» Doch was versteht man unter Factoring? Beim Factoring tritt ein Unternehmen seine Forderungen gegenüber seinen Kunden (Debitoren) an ein spezialisiertes Finanzinstitut (den Factor) ab. Der Factor bezahlt die ausstehenden Summen sofort bei Übernahme der Forderungen an den Factoring-Kunden, übernimmt das Ausfallrisiko und erledigt das Debitoren-Management. Dafür verrechnet der Factor eine Factoring-Gebühr und einen Zins. «Für den Factoring-Kunden ergeben sich daraus drei Hauptvorteile: Eine verbesserte Liquidität, Absicherung gegen Zahlungsausfälle sowie Entlastung beim Debitoren-Management.

    Factoring ist gerade bei KMU beliebt. «Unternehmen haben oft zu wenig Zeit, um sich dem Debitoren-Inkasso zu widmen», weiss Trochsler. Ebenso ist die klassische Kreditaufnahme für KMU nicht immer einfach. «Factoring ist hier eine interessante Alternative, da lediglich auf Basis der offenen Debitoren eine Finanzierungsquelle erschlossen werden kann.»

    Beliebt bei Personalverleiher
    Factoring kommt für verschiedenste Branchen in Frage, die ihre Leistung gegen Rechnung erbringen. Wichtigste Voraussetzung für Factoring ist allerdings eine klare, transparente und abgeschlossene Leistungserbringung vor Rechnungstellung. «Wird die Vorfinanzierung der Rechnungsbeträge in Anspruch genommen, so ist es wichtig, dass die dadurch gewonnene Liquidität gewinnbringend verwendet wird. Zum Beispiel, um Wachstum zu finanzieren oder auf der Einkaufsseite bessere Lieferantenkonditionen zu erwirken», sagt Trochsler. Je nach Ergebnis einer Kosten-/Nutzenanalyse kann es für das KMU auch Sinn machen, das Debitorenmanagement an das Factoringinstitut auszulagern. Die Personalverleiher nehmen am häufigsten die Finanzdienstleistung Factoring in Anspruch. Denn hier besteht eine klassische Finanzierungslücke: Die Temporärmitarbeitenden müssen wöchentlich bezahlt werden, den Auftraggebenden auf der anderen Seite wird eine Rechnung mit Zahlungsfrist 30 Tage gestellt.

    Factroingdienstleistungen sind im eCommerce-Bereich gefragt: «Durch die Shop-Betreiber wird hier den Kunden immer häufiger ein Kauf auf Rechnung angeboten. So sind Bonitätsprüfung, Schutz vor Verlusten, Finanzierung und administrative Entlastung ein Thema, das mit Factoring elegant gelöst werden kann. Auch im Factoringbereich führt die Digitalisierung zu wesentlichen Änderungen. Während früher die Kunden ihrem Factor Kopien der neu ausgestellten Rechnung noch physisch per Post zugestellt haben, so erfolgt dieser Prozess heute vollkommen digital: «Die Rechnungsdaten können elektronisch übermittelt werden, teilweise auch vollständig automatisiert dank Schnittstellen zwischen den verschiedenen Buchhaltungsprogrammen.»

    Unklarheiten im Gesetz
    Der Schweizerische Factoringverband engagiert sich auch auf politischer Ebene: «Für uns unbefriedigend ist das aktuell inkonsistente Normgefüge zwischen Geldwäschereigesetz GwG und Geldwäschereiverordnung GwV», erklärt Trochsler. Und er konkretisiert: «Beim Factoring beispielsweise lässt sich der Factor die Forderung eines Kunden aus dessen Geschäftsbetrieb abtreten. Er bezahlt dem Kunden den Betrag aus und kassiert die Forderung bei Fälligkeit beim Schuldner ein. Hier findet der Geldrückfluss nicht von der vorfinanzierten Vertragspartei (Kunde), sondern von dritter Seite (Schuldner) statt.» Die Situation ist daher nicht konsistent. Die Geldwäscherei-Selbstregulierungsorganisationen SRO halten sich aktuell an die Bestimmungen von Geldwäschereiverordnung und FINMA-Rundschreiben. «Für unsere Mitglieder bleibt daher die Frage offen, ob sie nun als Finanzintermediäre nach GwG gelten oder nicht.»

    Factoring wird gemäss Trochsler auch künftig – gerade für KMU – eine wichtige Finanzierungsform sein: «So lange Leistungen gegen Rechnungen mit mehr oder weniger langen Zahlungsfristen erbracht werden, so lange wird auch Factoring als Finanzinstrument, speziell für diesen Bereich, gefragt bleiben.»

    Corinne Remund

    www.factoringverband.ch


    DAS MACHT DER SFAV

    519 Mio. Franken Umsatz im letzten Jahr

    Der Schweizerische Factoringverband SFAV wurde am 8. Juni 2004 von den führenden Schweizer Factoring-Unternehmen gegründet. Damals wie auch heute noch ist es das Ziel des Verbandes, die Finanzierungsform Factoring besser bekannt zu machen. Der Verband ist eine wichtige Informationsplattform für seine Mitglieder. Er tauscht sich mit der Wissenschaft und anderen Verbänden und Institutionen aus und ist bestens vernetzt. Auf politischer Ebene engagiert er sich für gute gesetzliche Rahmenbedingungen für die Branche. Der SFAV zählt vier bankenunabhängige Mitglieder. Rund 100 Beschäftigte arbeiten in der Branche. Sie hat 2020 519 Millionen Franken umgesetzt. CR

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