Kolumne – Gut gesagt
Ein neues Klimaschutzgesetz erteilt dem Bundesrat weitreichende Vollmachten. Er kann in unser Leben hineinregieren, Verbote erlassen und im Alleingang bestimmen. Damit das Volk mitreden kann, braucht es jetzt ein erfolgreiches Referendum.
Schon bei der Entstehung des neuen Gesetzes wurde getrickst. Die Mitte-Links-Mehrheit des Berner Parlaments stellt der radikalen Gletscherinitiative ohne Not einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Die Initianten jubeln – denn so haben sie ihr Ziel schon erreicht, ohne einen Franken für den Abstimmungskampf ausgeben zu müssen. Das neue Gesetz übernimmt nämlich die Kernforderung der Initiative: das sogenannte «Netto-Null» beim CO2-Ausstoss bis 2050.
Aber auch beim Titel schummelt Bundesbern: Aus dem «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz» wurde während der Beratungen im Parlament flugs das schönfärberische «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit». Das mag zwar ein schlauer Marketingschachzug sein. Wer hat schon etwas gegen Innovation? Und wer will – schon gar in Zeiten einer drohenden Strommangellage – nicht die Energiesicherheit stärken?
Doch dieses Versprechen ist irrführend. Mit dem neuen Gesetz werden Innovationen verhindert, und die Energiesicherheit wird nicht gestärkt, sondern geschwächt. Warum?
Energiesicherheit wird geschwächt
Weil das Gesetz – erstens – einschneidende Verbote ermöglicht. Die EU hat bereits vorgespurt und verbietet Verbrennungsmotoren ab 2035. Dabei ist längst erwiesen: Technologieverbote sind schädlich, sie behindern den wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt. Die Ironie der Geschichte: Das Verbrennerverbot bedeutet auch das Aus für zukunftsträchtige Innovationen wie die E-Fuels, also den Antrieb mit Wasserstoff.
Zweitens: «Netto-Null» bedeutet einen enormen Mehrbedarf an Strom, da die Politik damit die Weichen einseitig auf Elektrifizierung stellt. Wenn nur schon die gesamte Mobilität und das Heizen elektrisch werden, steigt der Stromverbrauch ins Unermessliche. Hinzu kommt: Die gleichen Politiker, die jetzt das neue Klimagesetz beschlossen haben, entsorgen gleichzeitig die klimaschonende Kernenergie. Damit sinkt die Stromproduktion massiv. Heute liefern die Schweizer KKW rund einen Drittel der inländischen Produktion. Dass das neue Gesetz angesichts dieser Tatsachen eine «Stärkung der Energiesicherheit» verspricht, ist also vor allem eines: ein starkes Stück.
Direkte Demokratie ausgehebelt
Das neue Gesetz wirkt umso fragwürdiger, wenn man bedenkt, dass wir schon heute zu wenig Energie und Strom haben. Die Preise sind explodiert. Die Kaufkraft sinkt. Es wird eng für Normalverdienende, für Familien, für das Gewerbe.
Das ist aber noch nicht alles: Das Gesetz ist auch deshalb gefährlich, weil es dem Bundesrat am Volk vorbei weitreichende Machtbefugnisse verleiht. Per Verordnung, also gleichsam per Federstrich, kann die Regierung einschneidende Massnahmen beschliessen und Verbote erlassen, um das Netto-Null-Ziel zu erzwingen. Fahren mit Benzin? Könnte der Bundesrat verbieten. Fahren mit Diesel? Könnte der Bundesrat verbieten. Heizen mit Öl? Könnte er verbieten. Heizen mit Gas? Könnte er verbieten.
Nein, eine solche Verbots-Schweiz, das ist nicht die Schweiz, die wir kennen und lieben. Wir dürfen nicht zulassen, dass über unsere Köpfe hinweg autoritär entschieden wird. Das ist das Gegenteil der direkten Demokratie, auf die wir zurecht stolz sind.
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) hat vor diesem Hintergrund das Referendum gegen das «Stromfresser-Gesetz» ergriffen. So kommt es zu einer Volksabstimmung – wie es sich für eine Vorlage gehört, die derart tief in unser aller Leben eingreift.
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Zur Person:
Dr. Philipp Gut ist Inhaber der Kommunikationsagentur Gut Communications GmbH (www.gut-communications.ch), Journalist, Buchautor und Verleger der «Umwelt Zeitung».