Zwischen Kundenbedürfnissen und Eigeninteressen

    Die digitale Vernetzung im Mittelpunkt des e.forum in Bern

    In Zeiten digitaler Transformation steht das Kundenverhalten nicht immer im Einklang mit den Unternehmensinteressen. Paradoxerweise können sich aber just diese beiden Faktoren gegenseitig befruchten, was an der e.forum-Veranstaltung 2017 auszumachen war. Am Anlass waren auch die Mitglieder des WIR-Network Bern dabei.

    (Bilder: Hervé Dubois) Das e.forum als ideale Netzwerk-Plattform

    Die diesjährige Veranstaltung stand unter dem Titel «Innovation in einer digitalen Welt». Gegen 1000 Interessenten begaben sich zu diesem Anlass in den Berner Kursaal. Darunter auch zahlreiche Mitglieder des WIR-Network Bern, die dazu eingeladen waren. Schliesslich war das WIR-Network Bern erstmals als Sponsor der Tagung aufgeführt. Zudem bedeutete diese Gelegenheit eine ideale Plattform zur Förderung der dezentralen Netzwerkaktivitäten der WIR Bank.

    Der Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes und selber Mitinhaber sowie VR-Präsident der Burckhardt Compression Holding, Valentin Vogt, erklärte in seinem Referat, dass die Schweiz so reich sei, weil es ihr ständig gelinge, gute Leute in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dies führt er nicht zuletzt auf das ausgezeichnete Bildungsniveau zurück, das stets zunimmt.

    Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt

    Gut aufgestellt, aber…
    Von digitaler Revolution möge er nicht reden, sagte Vogt weiter: «Ich spreche lieber von der digitalen Evolution». Um die damit verbundenen Hürden zu bewältigen sei die Schweiz generell gut aufgestellt, die positiven Voraussetzungen seien gegeben: Die Innovationskultur sei in der Schweiz einmalig, die Infrastruktur ausgezeichnet, der Arbeitsmarkt dynamisch und flexibel. Dennoch bleibe die Erhaltung der Arbeitsmarktfähigkeit der Mitarbeitenden eine der ganz grossen Herausforderungen für die Arbeitgeber.

    Als Schwächen erwähnte Vogt unser träges politisches System, die Ausrichtung der Gesamtarbeitsverträge auf jeweils nur einen Arbeitgeber sowie die allgemeinen Abschottungstendenzen in der Schweiz. Als grössten Risikofaktor der digitalen Transformation bezeichnete er die Cyberkriminalität, welche die digitale Entwicklung beeinträchtigen könnte.

    Der KMU-Vorteil
    Die Schweizer Wirtschaft wird bekanntlich von den KMU geprägt. Diese haben gegenüber den grossen Playern im Markt den Vorteil, dass sie schneller und unkonventioneller auf die Kundenwünsche eingehen können, was wiederum ihre Innovationsfähigkeit fördert. Gemäss dem Arbeitgeberpräsident ist das ein absolut entscheidender Faktor. «Wenn die Grossen das auch könnten, müssten wir den Laden schliessen», sagte Vogt in Bezug auf sein eigenes Unternehmen.

    Ericsson-Chef Martin Bürki

    Als zweiter Referent schilderte Martin Bürki, Direktor von Ericsson Schweiz, die digitale Transformation aus technologischer Sicht und zeigte auf, wie der IT-Riese Ericsson vom Hardware- zum Software-Unternehmen mutierte. Anhand von Beispielen aus den Bereichen Transport und Bildung zeigte er die heutigen und künftigen Entwicklungsfelder auf. Dabei ginge es immer wieder um die Kernkompetenz, Sachen sinnvoll zu verknüpfen.

    Intelligente Lösungen anbieten
    Als dritter Referent trat Dieter Bambauer in den Ring, seines Zeichens CEO von Postlogistics und Mitglied der Geschäftsleitung der Schweizerischen Post. In einem Dienstleistungsbetrieb wie beim «gelben Riesen» seien die Kernbereiche und damit auch die Basisprodukte immer die gleichen geblieben, schilderte Bambauer. Heute gehe es darum, einen effizienten Partner seiner Kunden zu bleiben und die Angebote in eine digitale Zukunft einzubetten. Dabei müsse für den Kunden ein Mehrwert, ein Nutzen erkennbar sein.

    Postlogistics-Chef Dieter Bambauer

    Als Basis dient ein neuer Ansatz. So beispielsweise beim Poststellennetz, wo die Devise laute: «Weg von Beton und Stahl hin zu intelligenten Lösungen». Und das soll in allen Bereichen Geltung haben. Die Post müsse dabei die ganze Wertschöpfungskette abdecken, von der Vermarktung über die Bestellung sowie die Bezahlung und die Logistik bis hin zur Kundenbetreuung.

    Von elementarer Wichtigkeit sei in diesen Prozessen die Berücksichtigung von Kundenverhalten, Kundenbedürfnissen sowie Kundenerwartungen. Die Digitalisierung sei Treiber und Wegbereiter. Die Bedürfnisse nach Individualisierung und Personalisierung würden ihrerseits die Leistungsangebote definieren. So gehe es auch bei der Post in erster Linie um die Vernetzung aller Faktoren, um einen Nutzen zu schaffen.

    Gegen tausend aufmerksame Besucher im Kursaal Bern

    Demnächst neue Angebote
    «Wir vernetzen die Schweiz gemeinsam mit unserem Partner Swisscom», kündigte Bamberger eine Innovation der Post an. Ein entsprechendes, konkretes Projekt werde zum jetzigen Zeitpunkt angegangen. Weiter würden bereits im Frühling erstmals Drohnen in der Logistik eingesetzt. Dabei ginge es nicht mehr um Tests, sondern um operative Einsätze. Bezüglich dieser Innovationen liess Bambauer die Katze nicht ganz aus dem Sack. Er wollte wohl das Publikum erst einmal neugierig machen. Und das ist ihm auch gelungen.

    Das e.forum 2017 war spannend. Es stellt sich unter dem Strich die Frage, ob wirklich stets die Kundenbedürfnisse und nicht nur die Eigeninteressen im Zentrum der digitalen Innovationen stehen werden, wie dies alle Referenten für ihre Betriebe in Aussicht gestellt haben. Das wird die Zukunft weisen.

    Hervé Dubois

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