«Die Schweiz ist nur so stark wie ihr Milizsystem»

    Neben ihrer Mehrsprachigkeit und der direkten Demokratie ist auch das Milizsystem ein Grundpfeiler der modernen Schweiz. Doch diese Identität ist in Gefahr, die Bereitschaft für Milizarbeit sinkt immer mehr. Am #TeamSchoop-Anlass im Traitafina Turnzentrum Aargau in Lenzburg drehte sich alles um die Frage: «Milizsystem, wie weiter?»

    (Bild: zVg) Der Grossrat und Unternehmer Adrian Schoop lud einmal mehr zum Politanlass.

    Der Saal in der Kaderschmiede des Turnzentrum Aargau ist vollbesetzt. Vorne auf der Bühnenfläche steht kein Rednerpult, sondern mehrere Schwedenkästen. Im Hintergrund hört man immer wieder Rufe und dumpfe Geräusche. «Man muss junge Menschen dazu motivieren, in unserem System etwas zu leisten», meint ein Publikumsgast zu seiner Begleitperson. Das Turnzentrum Aargau in Lenzburg ist der Sitz des Aargauer Turnverbandes und daher der Inbegriff purer Milizarbeit.

    Am 8. Mai lud das #TeamSchoop zu Referat und Podiumsdiskussion zum Erhalt des Schweizer Milizsystems ein. Anwesend waren die Referentin Dr. Martina Flick, Mitautorin des Buches «Milizarbeit in der Schweiz», sowie die drei Podiumsgäste Jeanine Glarner, Gemeindeamman Möriken-Wildegg und Grossrätin, Fabian Engel, Präsident des Aargauer Feuerwehrverbands und Jörg Sennrich, Präsident des Aargauer Turnverbands.

    (Bilder: Lilly Rüdel) Adrian Schoop mit Dr. Martina Flick Witzig

    Die Schweiz ist ein erfolgreiches Land und weist die drittgrösste Pro-Kopf-Wertschöpfung weltweit auf. Dies verdankt die Schweiz laut Unternehmer und Grossrat Adrian Schoop neben den starken KMU und Familienunternehmen auch dem Milizsystem. Doch dieses ist in Gefahr. In der Schweiz gibt es derzeit allein auf politischer Ebene knapp 100’000 Milizämter und die Bereitschaft für die Besetzung dieser Ämter sinkt. Laut Dr. Martina Flick ist dies auf drei Gründe zurückzuführen: Man engagiert sich nicht, weil man entweder nicht kann (z.B. aufgrund fehlender Ressourcen wie Zeit oder Schweizer Pass), nicht will oder nicht gefragt wird.

    Für den aktuellen Bevölkerungsanteil der tatkräftigen Milizlern steht vor allem das Gemeinwohl und der Spass im Vordergrund. Für die Älteren sei zudem die Mitbestimmung und das Einbringen eigener Talente von tragender Bedeutung. Für die Jüngeren spiele zusätzlich die persönliche Weiterentwicklung eine Rolle. Doch nicht alle dieser engagierten Milizlern sind auch bis zum Ende dabei. Vor allem die geringe Wertschätzung von Seiten der Bürger und Medien sei der Hauptgrund für ein verfrühtes Ende dieser Arbeit.

    Interessante Diskussionen und Networking in den Hallen des Turnzentrums Aargau.

    «Mein Leben hat gewonnen durch die Miliz»
    Mit den drei weiteren Gästen Jeanine Glarner, Fabian Engel und Jörg Sennrich waren drei Vertreter des Milizsystems an der anschliessenden Diskussion vertreten. Alle waren sich einig, dass es ohne Milizsystem keine starke Schweiz gibt. Besonders wichtig sei es deshalb, gute Rahmenbedingungen zu schaffen, um Milizarbeit besonders attraktiv zu gestalten. Neben Amtszwang, Rücktrittsverbot oder Entlöhnung wurden verschiedene Lösungsansätze diskutiert. Vor allem Fabian Engel betonte immer wieder: «Zwang nützt nichts. Man muss Anreize schaffen.» Nur so könne man nachhaltig Milizler rekrutieren. Deswegen brauche es vor allem Verständnis vom Arbeitgeber, um die verschiedenen Aufgaben unter einen Hut bringen zu können. Jörg Sennrich fügt an: «Es braucht einen Arbeitgeber, welcher den Sinn und die Leistung von Milizlern sieht und unterstützt.» Jeanine Glarner sieht im Milizsystem sogar einen Vorteil für Arbeitgeber: «Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass miliztätige Personen oftmals sehr leistungsfähig sind, manchmal sogar mehr als andere.»

    Auch das Publikum teilte viele positive Erfahrungen mit dem Milizsystem. Ein Besucher sagte zudem: «Mein Leben hat durch die Miliz gewonnen.» Den Abschluss des spannenden Abends krönte ein Apéro mit direktem Ausblick in die 2000 m2 grosse Halle des Turnzentrums Aargau.

    www.adrianschoop.ch

    Lilly Rüdel

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